Obergurgl 2019: Alles verändert sich, damit es gleich bleiben kann!
Bericht über die 20. Geodätische Woche in Obergurgl 10. - 16. Feb. 2019 (pdf)
2019-02-28
Die 20. Jubiliäums Geodätische Woche war auch dieses Jahr ein voller Erfolg:
- grossartig organisiert von Klaus Hanke und Thomas Weinold von der Universität Innsbruck,
- einer Rekordzahl von über 150 Teilnehmer,
- eine sehr ansprechendes und abwechslungsreiches wissenschaftliches Programm,
- angenehme Unterkunft und ausgezeichnetes Essen im Universitätszentrum Obergurgl,
- strahlendes Wetter und viel guter Schnee.
Die Woche wurde eröffnet mit zwei Leit-Vorträgen aus der Perspektive der amtlichen Vermessung und der Vermessungsgeräte-Industrie:
Prof. Kutterer, der langjährige Präsidenten des deutschen Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie berichtete über Verbesserungen bei der Bereitstellung der Ergebnisse der öffentliche Vermessung, die in der modernen, mobilen, kommunikativen und zunehmend ökologisch bewussten Gesellschaft unverzichtbare Grundlagen für Entscheidungen der Verwaltung und Privater sind.
DI Schwarz, der verantwortliche Leiter für geodätische Instrumente bei Leica, führte aus, wie die Geräteindustrie durch mehr Integration, insbesondere der Kombination von verschiedenen Sensoren in einem Gerät, die Bedienung vereinfacht, die Produktivität des Viermessers steigert und die Qualität durch Reduktion von Fehlerquellen verbessert.
Der Tenor der beiden Eröffnungsvorträge wurde dann erfreulicherweise immer wieder in den Beiträgen anderer Vortragenden und den Arbeitskreisen, in denen die allgemeinen Trends zu konkreten und praktischen Beispiele verdichtet wurden, aufgenommen.
Zum Erfolg der Konferenz trägt die Mischung von Teilnehmern, die die Konferenz seit vielen Jahren regelmäßig besuchen
- besonders erwähnenswert ist Peter Waldhäusl, der heuer zum
- Mal teilgenommen hat! - und Teilnehmern, die zum ersten Mal besuchen. Besonders erwähnenswert scheinen mir die vielen jungen Teilnehmer von Universitäten und aus dem praktischen Beruf. Die Mischung ermöglicht Gespräche beim Essen, in den Arbeitskreisen und schließlich an der Bar zwischen Teilnehmer, die sich sonst nicht treffen; dieser offene Gedankenaustausch zeichnet die Obergurgl geodätischen Wochen seit Jahre aus.
Von Montag bis Freitag haben Teilnehmer in 25 Vorträgen und 8
Posterpräsentationen Arbeiten aus ihrer Berufsausübung präsentiert.
Neben den erwarteten Berichten aus der Forschung, die neben den üblichen
Themen auch Vorträge, die den Bezug zu den Schlagwörter der politischen
Diskussion aufzeigen, z.B. Einsatz von Supercomputer (Otepkka) und
künstlicher Intelligenz
und maschinelles Lernen (Winiwarter) zur
Klassifizierung von Punktwolken, wurde ein breit gefächertes Programm
von fokussierten Berichten aus Forschung und Praxis geboten, auf die im
Rahmen eines kurzen Berichtes nur auf den Tagungsbericht, der im
Wichmann Verlag erschienen ist, verwiesen werden kann.
Übergreifend schienen mir zwei Themen, die dieses Jahr ein neues Licht auf unsern Beruf warfen:
Die Herausforderung der verschiedenen Höhenbezugssysteme, die durch die immer bessere Bestimmung des Geoides (und deren Bereitstellung in nutzbaren Formaten), so dass Fehler bei Umrechunungen geschätzt werden können. In einem typischen Seilbahn-Projekt im alpinen Raum zeigt sich, dass eine genauere Bestimmung des Geoides praktische Relevanz bekommt und nicht ein Desideratum der Theorie bleibt.
Drohnen werden industriell gefertigt und sind zuverlässige, einfach zu bedienende Systeme geworden. Ihr Einsatz wird durch rechtliche Einschränkungen begrenzt: zum Schutz der Privatsphäre und der Vermeidung von Unfällen dürfen sie an vielen Orten nicht eingesetzt werden. In Deutschland sind sie - dank einer großzügigen Ausnahmeregelung für die Vermessung - oft verwendet und vereinfachen die geodätische Aufnahme kleiner Flächen, Gebäuden und technischen Anlagen sehr. Als Beispiel war der Außendienstaufwand für die Aufnahme einer Flache von ca. mit 1-2 Std. Außendienst angeführt; die Auswertung ist weitgehend automatisiert und von andern - terrestrischen oder Flugzeug getragenen - ähnlichen Sensoren weitgehend bekannt und beherrscht.
In diesem Zusammenhang sah ich eine geänderte Terminologie: der Fokus
auf Workflow
und nicht mehr Programm
. Es wird die gesamte
Organisation der verschiedenen Arbeitsschritte zusammenfassend geplant
und bestimmt die Durchführung. Als Beispiel: beim Einsatz einer Drohne
ist eine bestimmte Flugplanung nur dann sinnvoll,
- wenn für die Auswertung auch ein dazu passendes Programm bereitsteht, und
- wenn Regeln, welche Fehler bei der Planung vermeiden und Methoden zur späteren Korrektur von Fehlern von Anfang an vorgesehen sind.
Für den Teil der Vermessungs-Technologie, der sich nur langsam
ändert, werden Workflows
im universitären Vermessungsunterricht
vermittelt. Aber mit der raschen Entwicklung neuer Technik müssen solche
Regeln zunehmend von den Herstellern und Verkäufern der Geräte
erarbeitet, vermittelt und geschult werden.
Was sich im Vermessungsberuf nicht ändert: auch wenn der Einsatz von
Drohnen getragenen Vermessungsgeräten einfacher wird und scheinbar für
jedermann möglich wird, wenn neue automatisierte Kombi-Vermessungsgeräte
die Arbeit erleichtern und weniger gut ausgebildete scheinbar auch
Vermessen
können, ein Vermessungseinsatz
bei dem die
Qualität des Ergebnisses kontrolliert und der Einfluss von unüblichen
Fehlerquellen ausgeschlossen werden kann, bleibt die Domäne des gut
ausgebildeten, verantwortungsbewussten Vermesser - der sich der der
Qualität seiner Arbeit und der damit übernommenen Verantwortung bewusst
ist und sich dafür auch bezahlen lässt.