Legal persons are not persons!
Beim Blick auf Ethik und Künstliche Intelligenz hat Ben Kuipers darauf hingewiesen, dass Korporationen (Firmen, Behörden) kognitive Agenten sind und dass wir uns Gedanken über deren Verhalten, als real existierende Agenten, machen sollten – bevor wir über zukünftige Agenten und deren mögliches Verhalten spekulieren. (pdf)
2023-05-26
Ben Kuipers hat sich früh mit der Frage der Ethik bei der Anwendung Künstlicher Intelligenz beschäftigt; inzwischen ist das Thema in jeder Tageszeitung zu finden, meist ohne dass etwas substantielles gesagt würde.
In einem Beitrag 2012 hat er eine überraschende und meiner Meinung nach weiterführenden Ansatz gemacht(2012), nämlich die Überlegung, dass Corporations (Firmen, Behörden und ähnliche Organisationen) intelligente Agenten sind. Millionen davon bevölkern bereits die Erde und leben mit uns Menschen dort zusammen.
Er meint, dass wir unsere Aufmerksamkeit vermehrt auf diese intelligenten Agenten und deren ethisches Verhalten richten sollten statt Spekulationen über zukünftige Agenten, gesteuert von Künstlicher Intelligenz.
Rationaler Agenten
Ein zentraler Beitrag der Informatik ist die Definition eines intelligenten oder rationalen Agenten; üblicherweise wird die Formulierung von Russel und Norvic(2010) zitiert: Ein Agent ist
Anything that can be viewed as perceiving its environment through sensors and acting upon that environment through actuators,
und ein rational agent:
An agent that acts so as to maximize the expected value of a performance measure based on past experience and knowledge.
Diese Definitionen vermeiden einen Bezug zu menschlicher
IntelligenzWas unter anderem auch die Missverständnisse beim
Übersetzen von englisch artificial intelligence zu deutsch
Künstliche Intelligenz vermeidet. Englisch
intelligence meint hier, wohl eher Informationen als
Intelligenz (vgl. die Bezeichnung CIA Central Intelligence Agency); der
Begriff wurde angeblich von John McCarthy 1955 in einem Vorschlag für
das U.S. Verteidigungsministerium erstmals verwendet.
und ist extrem fruchtbarEr wurde, z.B. von Raubal als Grundlage seiner
Doktorarbeit genutzt(2001).
.
Rationalität muss hier im Sinne von Simon als bounded rationality (1956) verstanden werden; der Agent maximiert das Ergebnis nur im Rahmen der ihm bekannten Fakten.
Körperschaften(corporations)
Eine Körperschaft ist ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss zu einem bestimmten Zweck von mehrere Menschen, die wechseln können.
Im kontinental-europäischen Recht sind Körperschaften juristische
Personen, die mit den natürlichen Personen zusammen die
Rechtspersonen bilden. Juristische Personen können Personen des
Zivilrechtes sein, das sind insbesondere Firmen, oder des öffentlichen
Rechtes.In vielen verschiedenen Formen, z.B. Klöster,
Gemeinden, Universitäten und Agenturen.
Corporations are Intelligent Agents
Kuipers stellt fest, dass corporations rationale Agenten,
nach den obigen Definitionen sind und schon seit undenklicher Zeit
existieren: Menschen schliessen sich zusammen und diese Zusammenschlüsse
organisieren sich, so dass sie die Eigenschaften von Agenten
besitzen.Auch Urzeitliche Gruppen von Jägern, die
gemeinschaftlich die Jagd betreiben, waren solche rationale
Agenten.
Die Welt ist in dieser Sicht vom Genus homo und vom Genus corporation besiedelt.
Die Interaktion dieser beiden ist im folgenden zu untersuchen. Diese rationalen, künstlichen Agenten existieren bereits in grosser Zahl und sie zu studierten scheint mir wichtiger als die interessanteren Spekulationen über künstliche Intelligenz.
Organe der Körperschaft
Körperschaft haben Organe, das sind MenschenNach kontinental-europäischem Recht können nur
natürliche Personen Organe einer Körperschaft sein; damit stellt sich
die Frage nicht, ob eine Körperschaft allein durch KI gesteuert werden
könnte.
, die für die Korporation handeln können; sie sind die
Augen, Ohren und die Münder der Körperschaft - aber sind nicht Teil der
Körperschaft sondern sind nur befugt, für die Körperschaft zu handeln.
Eine Körperschaft hat eine Identität, meist auch einen Namen, und
verfolgt einen Zweck. Sie hat Regeln, nach denen die Organe bestellt
werden und verfügt meist über EigentumZ.B. ein Klostergebäude mit Inhalt und zugehörigem
Land.
Körperschaften sind Konstruktionen der sozialen Realität(Searle 1995); sie
können unterschiedlich organisiert sein und kommen in vielen Formen vor
und existieren zum Teil seit vielen JahrhundertenZ.B. die katholische Kirche, Klöster
.
Dennoch: Legal persons are not persons
Seit mindestens der Zeit der Römer stellen sich Fragen, welche Position Körperschaften in einem rechtlichen Auseinandersetzung haben. Seit zumindest dem Mittelalter sind Rechtshändel von Klöstern bekannt und zum Teil sind Stiftungsurkunden überliefert; Kooperationen können also vor Gericht auftreten, können Rechte haben und zu Leistungen verpflichtet werden.
Die kontinental-europäischen Rechtsordnungen teilen im allgemeinen
RechtspersonFranz. personnalité juridique
in juristische PersonenFranz. personne morale
und natürliche PersonenFranz. personne physique
. Damit ist wenig Grundlage für Konfusion zwischen
Personen und juristischen Personen gegeben.
In den allermeisten Fällen können die Organe einer juristischen
Person nicht für deren Verfehlungen herangezogen werdenNach deutschem Recht haften sie aber, wenn ihre
Handlungen sittenwidrig sind. § 826 BGB
und meist haften sie auch nicht für deren Schulden. Wenn
ein Organ aber ein Gesetz übertrittZu schnell mit dem Firmenwagen fährt, eine Urkunde
fälscht.
wird die Person verfolgt, nicht die Firma.Firmen suchen deshalb Verantwortung zu streuen, so dass
kein Organ direkt strafrechtlich belangt werden kann, obgleich
offensichtlich schwerwiegende Fehler gemacht wurden; z.B. Einsturz der
Autobahnbrücke in Genua.
Im kontinental-europäischen Recht ist mir eine Theorie, wie
Corporations are people nicht bekannt und die Urteile des U.S.
Supreme Court würden in Kontinentaleuropa kaum so ausfallen. Es wird
immer zwischen den Personen als solche und in ihrer Eigenschaft als
Organ der Körperschaft unterschieden.Eine Gesellschaft hat Geschäftsgeheimnisse, aber keine
Privatsphäre; die Gesellschaft kann allenfalls die Privatsphäre ihrer
Mitarbeiter gegen Videoaufnahmen des Vermieters ihrer Geschäftsräume
verteidigen. ÖHG Entscheid.
KEEP Anständiges Verhalten: Ein systemtheoretischer Ansatz
Ich möchte die grundlegenden philosophischen Probleme des
Ethik-Diskurses vermeiden und schliesse mich eher einem soziologische
Systemtheorie Ansatz anhttps://de.wikipedia.org/wiki/Soziologische_Systemtheorie
, insbesondere die Arbeiten von Parson und das
AGIL-Schemahttps://de.wikipedia.org/wiki/AGIL-Schema
oder den Überlegungen von Maslow(1968).
Anständiges Verhalten ist für die Gesellschaft als ganzes zum Überleben notwendig; anständig ist, was der Gesellschaft nicht schadet. Das vermeidet eine Diskussion über Ethik und Moral und lässt unterschiedliche Auffassungen über Ethik; vermeidet damit auch Imperialismus durch die Ethik eines Hegemon.
Die Gesellschaft wird gesteuert von einem komplexen Satz von Regeln,
die vom religiösen, ethischen, und rechtlichen bis zum üblichen
Verhalten reichen. Diese Regeln sind soziale Konstrukte(Searle 1995) und als
solche nur innerhalb eines Kontext gültig. Es ist nicht
notwendig, dass die Regeln sprachlich formuliert, logisch konsistent
oder gar aufgezeichnet sindFür manche Lebensbereiche, z.B. Handel aber von grossem
Vorteil; das römische oder das britische Weltreich dürften auch durch
die systematische Entwicklung eines Rechtssystems zu ihrem Erfolg
gekommen sein.
. Die Regeln werden vor allem durch Nachahmung
gelerntÄhnlich wie eine natürliche Sprache.
, durch Beispiele, die erzählt werden und wohl nur in
wenigen Fällen explizite erklärt.Märchen, Sagen, Comics, Filme und schliesslich auch
Literatur gibt Beispiele von anständigem Verhalten und tradiert damit
gesellschaftliche Normen.
Entscheidend ist, dass die Gesellschaft mit ihrem Satz von Regeln langfristig überlebt(North 1981, 1997; Gibbon 1788). Auf lange Frist scheinen sich Kulturen mit Regelsystemen, die effektiver waren, gegenüber andern durchgesetzt zu haben. Die Regelsysteme wurden über lange Zeit schrittweise entwickelt und sind wegen komplexer und nicht leicht aufdeckbarer Externalitäten schwer zu analysieren.
Nebenbei: Kann eine juristische Person eine Ethik haben
Ich nehme an, dass ethisches Verhalten von Menschen auf Emotionen und
Empathie beruht. Da juristische PersonenUnd andere künstliche Agenten
keine Emotionen und Empathie haben, sind sie auch nicht
zu ethischem Verhalten fähig sondern ethisches Verhalten von
juristischen Personen muss durch Regeln erzwungen werden.
Diese Regeln müssen das Vermögen der juristischen Person oder ihren
FortbestandIndem die juristische Person aufgelöst wird
treffen; Organe der juristischen Person, die natürliche
Personen, können mit Strafen bedroht werdebIndem z.B. Fehler in Steuererklärungen als
Urkundenfälschung oder perjury (engl. Meineid) der Person, die
das Dokument unterschrieben hat, geahndet wird.
.
Nebenbei 2: Ethik als philosophische Disziplin
Ethik als philosophische Disziplin beschäftigt sich mit der Bewertung menschlichen Handelns; sie stellt
die Kriterien für gutes und schlechtes Handeln und für die Bewertung seiner Motive und Folgen
auf.
Dabei kann die Ethik allerdings nur allgemeine Prinzipien und Normen guten Handelns oder ethischen Urteilens überhaupt oder Wertvorzugsurteile für bestimmte Typen von Problemsituationen begründen. Die situationsspezifische Anwendung dieser Prinzipien auf neue Situationen und Lebenslagen ist nicht durch sie leistbar.https://de.wikipedia.org/wiki/Ethik
Moderne Ansätze versuchen sich von religiös begründeten Vorstellungen zu lösen und unabhängig weltanschaulichen Ansichten eine Begründung für richtiges Handeln zu finden. Die Suche ist nach über 2000 Jahren nicht viel weiter gekommen und kann wohl prinzipiell nicht voraussetzungsfrei erfolgreich sein.
KEEP Die Regeln anständigen Verhaltens
Die vielfältigen Regeln, wie sich ein good citizen zu
verhalten hat, sind Kontext abhängig. Sie müssen in ihren Grundsätzen
einfach sein, damit sie für alle verständlich sind und
Übertretungen von allen erkannt und allenfalls sanktioniert werden
können.Die oft gehörte Behauptung, dass für die komplexe Welt
auch komplexe ethische Regeln notwendig seien, ist nach empirischen
Untersuchungen falsch (Ostrom 1990)
. Die Regeln, mit denen Gesellschaften gross geworden
sind, sind einfach:
- Du sollst nicht töten.
- Du sollst nicht lügen.
- Du sollst nicht verlangen nach dem Weib/Gut des andern.
- pacta sunt servanda.
- Gib dem Kaiser was des Kaisers ist (meint: zahle deine Steuern)
- Nütze die Schwäche des andern nicht aus sondern hilf ihm.
- Verdecktes, abgestimmtes Verhalten (wie z.B. eine Räuberbande, ein Kartell) oder Bilden eines Monopols ist verpoent.
KEEP Die falsch verstandene Tragedy of the Commons
Wenn anständiges Verhalten definiert wird als Verhalten, dass der Gesellschaft nicht schade, kann die Gesellschaft als Allmend angesehen werden, als gemeinsames Gut, das von allen Genutzt und zu dem von allen etwas beigetragen wird.
Die in weiten Teilen missverstandene wirtschaftswissenschaftliche
Diskussion der (unregulated) tragedy of the commons hat aus
Begeisterung über die marktwirtschaftliche Theorie übersehen, dass
Allmenden in vielen Teilen der Erde seit Jahrhunderten
funktionierenZ.B. die Verwaltung von Alpweiden in den Alpen.
ohne dass die gefürchtete Übernutzung erfolgt.Es wird in der Theorie scheinbar auch meist übersehen,
dass die Anspruchsberechtigten zu Leistungen zugunsten der Allmend
verpflichtet sind.
.
OstromDie 2009, als erste Frau, den Nobel Memorial Prize
in Economic Sciences erhalten hat.
hat funktionierende Allmenden und ihre Regulative
untersucht und bei der Konstruktion neuer Allmenden beraten.Z.B. die Nutzung des Aquifer unterhalb der Metropole
Los Angeles, bei der durch Übernutzung Salzwasser vom Meer einströmt und
den Aquifer unbrauchbar macht.
Sie schlägt Regeln für die Verwaltung einer Allmend vor
(Ostrom 1990
zitiert nach Wiki):
- Clearly defining the group boundaries (and effective exclusion of external un-entitled parties) and the contents of the common pool resource;
- The appropriation and provision of common resources that are adapted to local conditions;
- Collective-choice arrangements that allow most resource appropriators to participate in the decision-making process;
- Effective monitoring by monitors who are part of or accountable to the appropriators;
- A scale of graduated sanctions for resource appropriators who violate community rules;
- Mechanisms of conflict resolution that are cheap and of easy access;
- Self-determination of the community recognized by higher-level authorities; and
- In the case of larger common-pool resources, organization in the form of multiple layers of nested enterprises, with small local CPRs at the base level.
Die Tragödie der unregulierten Allmend ist ein Beispiel der missverstandenen Anwendung der Spieltheorie(Neumann and Morgenstern 1944) auf ein ökonomisches Problem, bei dem entscheidende Externalitäten fehlen. Die Regeln über die Nutzung der Allmend bringen diese Externalitäten ein.
MOVE KEEP Korporationen müssen sich wie anständige Bürger verhalten
Körperschaften als juristische Personen werden Rechte zugestanden; sie müssen sich an die Regeln, die für natürliche Personen gelten, halten, soweit sie für juristische Personen sinngemäss anwendbar sind.
Manche Unternehmer verhalten sich aber etwa so, wie dumme Bauern, die für sich den Nutzen aus der Allmend maximieren und mehr Tiere weiden lassen als vernünftig, ohne zu bedenken, dass das die Allmend auch für sie ruiniert: die sprichwörtliche tragedy of the commons.
Die Liste von Fehlverhalten ist lang:
- Die notwendigen Steuern, damit die Gesellschaft funktioniert, werden
vermiedenTrump: dass ich keine Steuern zahle, beweist, dass ich
smart bin.
. - Mitarbeiter werden ausgebeutet, indem ihre Leistungen als freie
Unternehmer konstruiert werdenAuf denen der Auftraggeber keine Sozialabgaben bezahlt,
der Arbeitnehmer keine Lohnfortzahlung für Ferien und im Krankheitsfall
erhält.
. - Lügen in Kommunikation mit Kunden.
- Ausnutzen bekannter Schwächen von Kunden.
- Ausnutzen von Monopolen und Kartellen.
- Nicht einstehen für Fehler.Wenn der Kunde ein Fehler macht, zahlt der Kunde, wenn
die Firma ein Fehler macht, entschuldigt sie sich!
- Abschieben von Verantwortung auf Subunternehmer.Wenn möglich in einer langen Kette, deren Ende längst
nicht mehr existiert, wenn gehaftet werden soll.
Anständiges Verhalten muss von den Korporationen durch Strafandrohung
erzwungen werden. Meist ist es aber für das Unternehmen billiger, die
Strafen durch Lobby-Einfluss zu reduzieren als sich anständig zu
verhalten.Die Brüder Koch haben einige Jahre mehr für Lobbyisten
ausgegeben als sie Umweltschutzbussen bezahlt haben; die Bussen ware um
2000 etwa 100 Mio USD pro Jahr.
Hier scheinen sich kontinental-europäische Regeln von denen in
angelsächsischen Ländern zu unterscheiden. Arbeitnehmerschutz,
Datenschutz etc. ist zwingendes RechtKann von Amazon, Facebook, u.ä. nur so lange
Unterlaufen werden, bis entsprechende Gerichtsverfahren endgültig
entschieden sind.
und beruhen nicht auf einer Erwartung eines ethischen
Verhaltens. Die Busen sind inzwischen als Prozentsatz vom weltweiten
Umsatz festgelegt, so dass sie durchaus Biss haben solltenBisher ist die Busse für Facebook mit 2.4 Mrd Euro die
höchste (Jahresgewinn 2022 23 Mrd Euro).
.
Mögliche Weiterentwicklungen:
persönliche, zivil- und strafrechtliche Verantwortung der Organe der Körperschaft bei Verletzung von Regeln, die nicht auf Subunternehmen abgeschoben werden können.Entsprechende Regeln über den Durchgriff ist bei Arbeitnehmerschutz schon fast erreicht.
öffentliche Diskussion des Verhaltens der Körperschaft ohne sich auf den Schutz einer Privatsphäre berufen zu können
Eine juristische Person hat keine Privatsphäre. Das Geschäft einer juristischen Person kann daher keinen privaten Zweck haben.
(Jura-Basics)[http://www.jura-basic.de/aufruf.php?file=5&art=&find=Unternehmer__Juristische-Person&14_bgb]
.
Gegenwärtig problematisch ist das Verhalten von meist
gewinnorientierten, kommerziellen Körperschaften; hier müssen die
rechtlichen Rahmen so geändert werden, dass keine Anreize zu sozial
schädlichem, also unethischem, Verhalten etnstehenMuss auch die Verteilung von Gewinn und Verlust aus
riskanten Entscheidungen einschliessen; zu oft scheint der Gewinn privat
und die Verluste der Öffentlichkeit anwachsen; sog. moral
hazard wiki
. Das entspricht einem systematischen Verhindern des
Nutzens von Externalitäten, d.h. Vorgehen, bei denen für die Firma
positive Ergebnisse erzielt werden und die Kosten auf die Allgemeinheit
abgeschoben werden.wiki
Möglicherweise sind die offensichtlichen Probleme auf
- einen überbordenden Schutz des Privateigentums zurückzuführensiehe besonders (Piketty
2021, 2015, 2013)
, - ein Wettbewerb nach unten zwischen Nationalstaaten und ähnlichen
GebildenErstaunlich sind maximal unklare Konstruktionen, wie
z.B. Isle of Man, Guernsey, Lichtenstein, Delaware, die praktisch nach
Umgehungsgeschäften schreien.
, - Schachtelkonstruktionen, die Eigentümer und Verantwortung beliebig verschleiern lassen.
- Subunternehmen, die Verantwortung für die richtige Ausführung einer Tätigkeit verschleiern und die Verfolgung von Fehlverhalten, behindern.
Schädlich ist auch die Konzentration der Abgaben aus Praktikabilität
auf Abgaben auf Löhnen und Konsum und weniger auf Kapitalerträgen.Österreich bezieht fast 2/3 seiner Einnahmen aus
Einkommenssteuer und Sozialversicherungsbeiträgen und das restliche
Drittel aus Konsumsteuern.
Marktwirtschaft und ihre Grenzen
Nach der Theorie regelt die invisible hand(Smith 1863) die Wirtschaft optimal. Unglücklicherweise entspricht die reale Wirtschaft nur selten der Theorie.
Informationstechnologie schafft natürliche Monopolewiki
weil die Kosten der Entwicklung extrem hoch, die Kosten
der Produktion eines zusätzlichen Leistung extrem niedrig sind. Google, Apple, Microsoft, Apple, Facebook konkurrieren
nicht gegeneinander und setzen Preise nach der Fähigkeit der Kunden zu
zahlen, fest. Die hohen Gewinne deuten auf das Monopolgeschäft!
Die neuen grossen monopolistischen IT orientierten Unternehmen führen
nur sehr indirekt zu einem darwinistischen Wettbewerb: wenn ein neue
Technologie einen grossen Sprung erlaubt, der von der bestehenden Firmen
nicht mitgemacht werden kannWeil eine Firma ein Gefangene ihrer Kunden und auch
ihres Personals ist (Christensen 2013).
.
Grosse Teile der Wirtschaft sind heute staatliche Leistungen.In Kontinentaleuropa ist die Staatsquote meist über
50%, in den USA über 40%
Für diesen Teil der Wirtschaft ist der Wettbewerb fast
überall ausgeschaltet(Niskanen 1968).
Gegensatz kommerzielle juristische Personen und traditionelle Körperschaften
Sozial unverantwortliches Handeln sehen wir demonstriert von globalen
Unternehmen, die Leistungen moderner Gesellschaften für ihre Zwecke
nutzenAmazon könnte nicht ohne ein modernes Internet, ein
Rechtssystem, eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur etc. in einem
Land operieren.
sich aber vom notwendigen Beitrag zu den Kosten dieser
Einrichtungen dispensierenIndem Gewinn in andere Länder transferiert wird, wo er
kaum besteuert wird.
.
In traditionellen Körperschaften kennen die Mitglieder die Organe
persönlich und kontrollieren deren Verhalten; die Regeln, die Ostrom in
den Fällen beobachtet, indem eine Allmend nicht übernutzt wird(Ostrom 1990),
sind eingehalten.Ich lebe zeitweise in einer Stadt, die vor etwa 3000
Jahren von Etruskern gegründet wurde und seither in verschiedenen
Verwaltungsformen existiert. Häuser gehören zu einer contrade
und die Einwohner dieser organisieren noch immer traditionelle Feste.
Andere soziale Kooperationen betreiben Pub-artige Lokale für ihre
Mitglieder. Die Handwerker und Händler sind in verschiedener Form als
zivilrechtlich Firmen organisiert. Das reiche und komplexe lokale Leben
spielt sich hier noch in vielen Bereichen ausserhalb des Zugriffes der
globalisierten Wirtschaft ab. Es wird häufig repariert, die öffentliche
Verwaltung funktioniert, Handwerker und Händler sind ehrlich.
Betriebswirtschaftlich nutzen Firmen die von der Gesellschaft
bereitgestellte Leistungen in erheblichem Mass: von der Ausbildung ihrer
MitarbeiterLänder wie UK importieren seit Jahrzehnten gut
ausgebildetes Sanitätspersonal aus Drittwelt-Ländern ohne
Ausbildungskosten zu tragen.
, von Polizei und Feuerwehr, öffentlichem Verkehr etc. Sie
übernutzen mit einer neuen Geschäftsidee z.B. den öffentlichen
RaumZ. B. indem sie ihn mit mietbaren elektrischen Rollern
füllen und falsches Parken und Geschwindigkeitsübertretungen überlassen
sie der Polizei zu ahnden, bis die notwendigen Einschränkungen
gerichtlich durchgefochten sind; das Geschäft ist scheinbar profitabel
genug, dass sich die Investition für die 2 bis 3 Jahren lohnt.
.
Die entstehenden Kosten für die Gesellschaft sind, aus der Sicht des Unternehmens Externalitäten, deren Kosten schwer zu messen und noch schwerer zu überbürden sind.
Move fast and break things (Mark Zuckerberg)
Was auf der Strecke blieb:
- öffentlicher Verkehr in den Städten der USA (indem Tramlinien von den Autoherstellern gekauft und stillgelegt wurden),
- Zeitungen (Werbeeinnahmen werden durch Google abgesogen),
- die Innenstadt von Florenz, Venedig, etc. durch Overtourism verursacht durch billige Flüge (Rynair u.a.) und Airbnb,
- Kinos.
Ein Oxymoron: ein wohl regulierter Kapitalismus
Die regelmässig auftretenden Bankkrisenwiki
, beim dem meist viele verlieren und einige viel gewinnen,
werden bisher immer durch staatliche Programme aufgefangen;
anschliessend werden die Regeln für Banken verschärft und versprochen,
dass damit eine neue Bankenkrise unmöglich gemacht worden sei. Bis zur
nächsten.
Neuster Fall: Die Zwangsweise Übernahme des Credit Suisse
durch die UBSDie UBS entstand aus einer 1998 nicht ausgebrochenen
Krise, die durch die Übernahme des Bankvereins durch die
Bankgesellschaft vermieden wurde.
. Bei der 2023 Krise wurde staatliche Hilfe nur als
Garantien für Kredite für kurze Frist in Anspruch genommen und die
Verluste von (kleineren) Kapitalisten getragen; entsprechend sind nach
wenigen Wochen bereits grosse Prozesse im Gang…
Die durch die Fusion geschaffene UBS ist eine der grössten
Vermögensverwalter der Welt.Die UBS verwaltet 2023 Vermögen für 4.16 Bio Euro,
wesentlich mehr als die Bilanzsumme der Schweizerischen Nationalbank
knapp 900 Mia CHF, das gesamte Budget des Bundes 80 Mia CHF und auch
etwas mehr als das BIP der Schweiz. Sollte es zu einer Krise dieser Bank
kommen, kann die Schweizerische Nationalbank kaum noch etwas
ausrichten.
Wie eine schweizerische Aufsichtsbehörde diese riesige,
internationale Bank kontrollieren und von riskanten, aber profitablen,
Geschäften abhalten soll, bleibt offen. Gewinne werden auch dann privat
sein, von wem die Verluste getragen werden, wird sich weisen.
Im Falle eines Problems, wer soll die UBS auffangen, wenn die Schweiz
dafür zu klein ist?Ich habe die Hoffnung, dass die Superreichen, die der
UBS ihr Vermögen anvertrauen früher oder später erkennen werden, dass
diese zwar too big to fail aber niemand dahinter steht, der ein
Interesse am Vermeiden des Kollaps hat.