Eine Brücken-Ruine
Andrew U. Frank

Grosse Krisen scheinen mir in den nächsten 20 Jahren nicht wahrscheinlich

Business as usual ist die wahrscheinlichste Zukunft. Wenn die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte um zwei Dekaden verlängert werden, so ergeben sich keine Anzeichen einer grossen Welt-Krise, aber eine grössere Zahl von begrenzten Krisen. (pdf)

2023-05-13

Der wahrscheinlichste Zustand der Welt morgen ist gleich wie heute und die beste Vorhersage der Zukunft sind die letzten Jahre. Wenn man genau schaut, so ist das meiste in der Welt 2023 gleich wie 2000; unser Interesse ist auf die wenigen Veränderungen fokussiert.

Wenn die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte um zwei Dekaden verlängert werden, so ergeben sich keine Anzeichen einer grossen Welt-Krise, aber eine grössere Zahl von kleineren Krisen sidn wahrscheinlich, die aber unser Leben in Österreich und Italien nicht heftig stören können.

Am wahrscheinlichsten, weil in den letzten Dekaden mehrfach aufgetreten, sind Finanzkrisen und damit verbunden Marktverwerfungen und Preissteigerungen. Möglich wäre eine grössere Krise, wenn der U.S. Dollar seine Vorzugstellung als Reservewährung verlieren würde.

Kriegerische Auseinandersetzungen waren in den letzten fast ständig in den erdölproduzierenden Regionen und nicht direkte Konfrontationen der Weltmächte. Darum hat der Angriff auf die Ukraine überrascht.

Möglich wäre ein Angriff von China auf Taiwan - ähnlich wie der Angriff von Russland auf die Ukraine, wobei ich eher annehme, dass China einen, vielleicht wirtschaftlich motivierten Grund für eine freiwilligen Anschluss finden wird.Ich nehme an, dass die chinesische Führung altmodischen Krieg durch klug geplante wirtschaftliche Massnahmen ersetzen wird.

Finanzkrise

Weltweite Bankenkrisen scheinen das Finanzsystem heute ungefähr alle 20 Jahre heimzusuchen, kleinere Krisen, die einzelne Staaten oder einzelne Banken betreffen häufiger.

Ich sehe als Gefahr für eine Welt-FinanzkriseWie 2007 ausgelöst durch eine U.S. Investmentbank.

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Ich denke aber, dass eine in den USA ausgelöste Finanzkrise nur zu einer weltweiten Verminderung des Wachstums und damit möglicherweise auch des Lebensstandards in Europa führen würde, aber nicht zu einer europäischen Krise sondern zu einer verstärkten Position der EU führen sollte und zu einem Ausgleich der internationalen Positionen der aufstrebenden Länder (China, Indien, Indonesien, Pakistan, Nigeria, Brasilien, Bangladesch, Russland, Mexiko, Japan). Indirekt damit zu einem Verminderung des amerikanischen Hegemons.

Auffällig bleibt die grosse Differenz des BIP zwischen USA und EU. Der Wert für BIP pro Kopf in den USA ist ca 70,000 in der EU die Hälfte.Teilweise zu erklären mit dem nicht BIP relevanten Konsum von Freizeit in Form von kürzerer Arbeitszeit, Ferien und früherer Pensionierung aber wohl auch teilweise ein Vorteil erlangt durch den Status als Reservewährung. Nicht unerheblich aber auch die Art, das BIP zu berechnen(Fitouss, Stiglitz, and Sen 2010)

Krieg

Die Gefahr eines WeltkriegesD.h. eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen USA-Europa and China-Russland, mit Kriegshandlungen auf deren Territorien und wahrscheinlichem Einsatz von Atomwaffen.

schätze ich nicht als gross ein; neben dem Krieg in der Ukraine ist eine Auseinandersetzung um Taiwan innerhalb der nächsten 20 Jahre wahrscheinlich – aber nicht unbedingt als konventioneller Krieg. Anhalten werden lokale Kriege, besonders in ölreichen oder Gebieten mit wertvollen Mineralien; die Möglichkeiten für war lords sich zu bereichern sind zu attraktiv.

Durch begrenzte Kriege werden etablierte Handelsbeziehungen gestört und es entstehen lokal Flüchtlingsströme. Die Auswirkungen sind aber nicht mehr als durch andere Auslöser und die in Europa ankommenden Flüchtlinge verschwinden im normalen Strom der Immigranten.

Flüchtlinge und andere Migration

Durch Kriegshandlungen, Unruhen und Naturkatastrophen werden Flüchtlingsströme ausgelöst, von denen wenige Personen in Europa ankommen.

Migration nach Europa findet vor allem aus wirtschaftlichen Gründen und sowohl wegen Interessen der Wirtschaft als der Immigranten, statt. Die ankommenden Personen sind meist jung, manchmal ausgebildet und darum rasch in den Arbeitsprozess integrierbar; die Integration in das soziale Umfeld fällt manchmal etwas schwerer und kann zu Spannungen führen. Für das aufnehmende Land ist aber ein Zufluss von Humankapital.Und hält das Lohnniveau für unorganisierte Arbeit, typisch für Immigranten vor allem in den USA, niedrig

.(Harris 2023)

Über das Verhältnis der Zahl von Flüchtlingen, die um Asyl ansuchen, und andern Immigranten, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen oder geholt werden, sind Zahlen nur schwer zu bekommen. Ich scheine mir an eine Auskunft im UK Parlament zu erinnern, in denen von etwa 100,000 Asylsuchenden und einer Gesamtzahl von über 600,000 Immigranten für 2022 die Rede war.

Pandemie

Die Erfahrung mit der COVID Pandemie hat gezeigt, dass sich Seuchen in der globalisierten Welt besonders leicht ausbreiten und die Gesundheitssysteme an den Rand ihrer Kapazität bringen können. Eine Wiederholung ist möglich, scheint mir aber nicht wahrscheinlich.Die Mutationen, die gefährliche Erreger entstehen lassen können, sind bisher nicht von Menschen leicht zu kontrollieren.

Soziale Unruhen

Gegeben die deutlich höheren Raten von sozialer - Einkommens- und Vermögens- Unterschiede in den USA und in UK würde ich eher dort als in einem EU Land den Ausbruch von Unruhen erwarten, die uns berühren könnten.

Zusammenbruch digitaler Systeme

Die Gefahr eines grossflächigen und mehrere Sektoren umfassenden Zusammenbruchs digitaler Systeme sind möglich aber scheinen mir nicht wahrscheinlich.^[Die Dystopie in (Elsberg 2012) scheint mir zwar möglich, aber auch im Licht der Ereignisse in der Ukraine, nicht wahrscheinlich [https://de.wikipedia.org/wiki/Blackout_%E2%80%93_Morgen_ist_es_zu_sp%C3%A4t)]

Längerfristig ist die Wahrscheinlichkeit zunehmend, weil die Komplexität ständig steigt aber keine regelmässigen Anstrengungen zur Verminderung der Komplexität und der Erhöhung von Resilienz und Redundanz gemacht werden.

Was folgt daraus?

Eigentlich folgt nichts. Eine grosse Krise, Umsturz, Seuche oder Krieg ist in Mitteleuropa für die nächsten 20 Jahre nicht wahrscheinlichLässt sich aber auch nicht ausschliessen; mir scheint es aber weniger wahrscheinlich, als andere katastrophale Ereignisse, von nur lokalem oder persönlichem Einfluss.

Entwicklungen, die heute für mich nicht erkennbar sind, aber durchaus möglich wärenZ.B. Revolution in einem EU Land, Auseinanderbrechen der EU, Überschwemmung der EU mit Migranten aus Nahem Osten oder Afrika, Eiszeit in Europa, Umsturz in Österreich ..

, deren Wahrscheinlichkeit mir gering, die Kosten gegen deren Schutz aber sehr hoch und man sich deshalb dagegen nicht wappnen kann.

Elsberg, Marc. 2012. BLACKOUT-Morgen Ist Es Zu Spät: Roman. blanvalet Verlag.
Fitouss, Jean-Paul, Joseph E Stiglitz, and Amartya Kumar Sen. 2010. Mismeasuring Our Lives: Why GDP Doesn’t Add up. TheNewPress.
Harris, Malcolm. 2023. Palo Alto: A History of California, Capitalism, and the World. Hachette UK.
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