Eine Brücken-Ruine
Andrew U. Frank

Narrative, die von der Politik ignoriert werden

Bestimmte Wirkungszusammenhänge werden beobachtet, mehr oder weniger dokumentiert und ihre Folgen beschrieben. Dennoch werden sie von den Politikern ignoriert und Massnahmen, um unerwünschte Effekte zu vermeiden, nicht gesetzt. (pdf)

2023-04-30

So oft wie Narrative von Politikern benützt werden, um Massnahmen zu setzen, die zu den, nach dem Narrativ zu erwartenden Ergebnis, führen sollen, gibt es andere Narrative, die nicht schlechter dokumentiert und deren Effekte ebenso bekannt sind, die aber von Politikern nicht aufgegriffen werden und keine Massnahmen zum erreichen der hier erwarteten Effekt gesetzt.

Einige Beispiele ignorierter Narrative:

Macht von Eigentümern von Zeitungen ist gefährlich

In verschiedenen Ländern haben einzelne Personen als Eigentümer von wichtigen Zeitungen, Rundfunksendern oder Fernsehnetzen grossen Einfluss. Trotz regelmässiger Kritik und einem offensichtlichen Narrativ, das immer wieder mit neuen Beispielen gefüttert wird, vermeiden Politiker ernsthafte Schritte zur Beschränkung des Einflusses zu setzen - Korrekterweise, weil sie wissen, dass sie dadurch im kontrollierten Medium blosgestellt würden und jede Chance auf Wiederwahl verloren haben.

Besonders aufgefallen ist mir:

Das österreichische Beispiel

Die Familie Dichand ist zumindest teilweise Eigentümer der wichtigsten Tageszeitungen in ÖsterreichKurier und KronenZeitung

und beanspruchen einen entsprechenden Einfluss auf österreichische Politik.

Seit etwa 1980 hat die Stadt Wien die umtriebigen Gebrüder FellnerDie zwei haben als Schüler 1968 den Rennbahn-Express gegründet und rasch, noch als Minderjährige, zu einem in ganz Österreich vertriebenen Schülerzeitung gemacht, 2000 an Kurier verkauft. Das Magazin wurde erst 2013 eingestellt.

mit Werbeaufträge unterstützt. Die Brüder starteten 1990 das Magazin NEWS und danach weitere Magazine und schliesslich 2005 die Tageszeitung ÖsterreichWolfgang Fellner allein

die vor allem als Gratiszeitung in Wien verteilt wird.

Seit Jahren wird die sehr aufwendige Werbung der Stadt Wien, für die kaum eine Begründung besteht, kritisiert und es ist verschiedentlich versprochen worden, das Budget zu reduzieren und die Verteilung weniger Boulevard lastigd.h. zu Gunsten Dichand und Fellner

zu gestalten. Auch 2022 ist das Ziel der Reduktion der Aufwendungen nicht erreicht wordenAber Teile des Werbeaufwandes wurden über andere Konten abgerechnet DerStandrard

(https://www.derstandard.at/story/2000145300526/wien-als-anzeigenkaiser-die-werbeflüsse-aus-dem-roten-rathaus)

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Die Erhaltung des Goodwills auf Seiten der Verlage ist offensichtlich für die SPÖ Wien wichtiger. Inzwischen hat die ÖVP im Bund ähnliche Methoden zur Besänftigung der Medien ergriffen…

Vergrösserung der Geldmenge produziert Inflation

Die Vorstellung, dass durch eine Vergrösserung der Geldmenge die Nachfrage nach Gütern zunimmt und auf eine gleichgrosse Produktion trifft und damit zu Preiserhöhungen führt, ist eingängig und volkswirtschaftlicher Standardhttps://de.wikipedia.org/wiki/Geldmenge

. Zentralbanken argumentieren allenfalls, dass die Geldmenge aus der Geldnachfrage bei gegebenem Zinssatz resultiert.

Unstrittig ist, dass zwischen Geldmenge und Inflation ein enger Zusammenhang besteht. Zentralbanken setzen sich ein InflationszielEZB 2%

und erhöhen den Zinssatz, wenn die Inflationsrate über diese Ziel hinaufgeht; das sollte dann die Nachfrage nach Geld und damit die Geldmenge vermindern.

Seit 2000 hat die Europäische Zentralbank die Geldmenge stetig erhöht, von 2 Bio auf 9.2 Bio Euro, mit teilweise negativen Leitzinsen. Die Inflation hat sich erst 2022 eingestellt, die dann durch rasch ansteigenden Zins bekämpft wurde.

Die Entscheide der EZB, den Leitzins tief zu halten auch wenn sich die erwartete Inflation über zwei Dekaden nicht eingestellt hat, hätte EZB und Politik zu einem Überdenken des Modells veranlassen müssen.

Meiner Meinung nach haben die niedrigen Leitzinsen und die daraus folgende Erweiterung der Geldmenge ihren Weg in Finanzanlagen von Superreichen und den Banken- und Immobiliensektor gefunden. Die Kurse von Wertpapieren stiegZ.B. DAX von 2200 Zählern 2003 auf 12 000 Zählern 2015

und die Preise von Immobilien nahmen etwa wie die Geldmenge zuWas die Theorie bestätigen würde.

. Die Preissteigerungen in diesen Märkten wirken sich aber nicht in der Berechnung der Inflation aus. Erst als durch den Ukraine-Krieg Begründungen für Preissteigerungen im indexwirksamen BereichenEnergie, Ernährung

auftraten und sich durch alle andern Warengruppen fortpflanzten, wurde eine Inflation zwischen 8 und 12% in europäischen Ländern gemessen.

Einschränkungen der Tätigkeit von Lobbys

Eine riesige Industrie ist bemüht, ihren wirtschaftspolitischen Argumenten im Gesetzgebungsprozess Gehör zu verschaffen. Es ist scheinbar lohnend, Aufwand zu treiben, damit Regeln zum Vorteil eines Unternehmens oder einer Branche ausfallenOder Regeln, die das Geschäft behindern würden, nicht oder nur verspätet in Kraft treten.

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Return on investment für Lobby-Tätigkeit

Die Rentabilität von Lobby-Tätigkeit ist — nicht überraschend — nirgends dokumentiert. Allein aus der Tatsache, das rational agierende Unternehmen grossen Aufwand treiben lässt sich schliessen, dass es sich lohnt.

Aus den wenigen Angaben, die erhältlich sind, schliesse ich, dass es Lobby-Aufwand eines der besten Investitionen für viele Firmen sind. Die Aufwendungen sind im Verhältnis zum Umsatz sehr gering, der Effekt wohl oft sehr gross; keine Überraschung, dass der Lobbyismus als Branche stark wächst.

Aufwendungen von Firmen in Brüssel

Die Lobby-Tätigkeit in der EU scheint stärker reguliert und es werden die Aufwendungen erfasst. für 2022 sind drei IT Unternehmen mit je 6 Mio Euro ausgewiesenApple, Meta, Google, die Angaben beruhen auf freiwilligen Schätzungen der Firmen im [Transparenzregister] (https://commission.europa.eu/about-european-commission/service-standards-and-principles/transparency/transparency-register_de). Zum Vergleich: Umsatz Apple 2022 nahe 400 Mia USD, in Europa knapp 100 Mia Euro.

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Politiker verkaufen Interventionen

Ein üblicher Fall: Politiker helfen Freunden ihre Geschäfte ohne Schwierigkeiten abzuwickeln. Die Schwierigkeiten sind manchmal dumme gesetzliche Regeln, die einem guten Geschäft im Weg stehen. Meistens werden die Interventionen nicht öffentlich. In Österreich ist ein Fall aufgeflogen, bei dem auf Video dokumentiert ist, wie ein zukünftiger Minister einer angeblichen russischen Oligarchin Einfluss auf zukünftige Entscheidungen versprochen hat und dafür eine lächerlich geringe Unterstützung für seine Partei gefordert hat. Wäre der Deal zustande gekommen, wäre der return on investment weit über 1: 100 gelegen. Diskutiert wurde Privatisierung des Trinkwassers, Übernahme Boulevard Zeitung, etc, [https://taz.de/Ibiza-Affäre-in-Österreich/!5760714/]

Aufwendungen von Gebrüder Koch in USA

Die Brüder Koch waren in der USA sehr einflussreiche Mäzene mit einem Interesse an libertärer PolitikSchlagworte: schlanker Staat, geringer Steuerlast, wenig Einmischung, besonders nicht in Umweltschutz

und Eigentümer grosser Firmen im Erdöl-Geschäft. Die Firma hat grosse Busen für Umweltvergehen aufgefasstZwischen 1999 und 2003 um 400 mio USD. Loder, Asjylyn; David Evans (October 3, 2011). Koch Brothers Flout Law With Secret Iran Sales. Bloomberg Markets Magazine. Archived from the original on October 5, 2011. Retrieved October 5, 2011.

for details

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Sie hätten in zehn Jahren 250 Mio USD für politische Einflussarbeit ausgegebenhttps://de.wikipedia.org/wiki/Charles_G._Koch

, das wären 25 Mio USD pro Jahr. Dem stehen allein Busen im Umweltbereich von 100 USD pro Jahr gegenüber. Anders überlegt: Koch Industries haben 2012 10 Mia USD Umsatz gemacht, der Aufwand für Lobbyarbeit macht also gerade 0.25% des Umsatzes ausAlso etwa die immer wieder beschworene Portokasse!

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Besteuerung von Immobilien

Die Schlupflöcher für die Vermeidung von Steuern sind so nützlich und die Verschiebbarkeit von Kapital und Gewinn für Grossfirmen und sehr reiche Privatpersonen so einfach, dass diese kaum Steuern zahlen. Nicht verschiebbar sind Immobilien und können vor dem Fiskus auch kaum verheimlicht werdenFast in allen Ländern existieren ziemlich vollständige Kataster, in denen die Liegenschaften ausgewiesen werden.

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In Österreich werden Steuern auf Immobilien als politisch unmöglich angesehen, weil nur die Besteuerung von Landwirtschaften und der HäuslebauerEinfamilienhausbesitzer mit kleiner Immobilie.

diskutiert wird - und diese beiden Gruppen gehören zur Kernwählerschaft der konservativen Parteien, die Belastungen ihrer Klientel vermeiden kann.

Dass in Österreich Immobilienbesitz stark ungleich verteilt ist, scheint nicht Allgemeinwissen zu sein - aber die Gruppen, die viel Immobilien haben – Kirche und Adel – haben jedenfalls viel politischen Einfluss.

Die eigentlich notwendige Steuer auf Immobilien, die einen Ausgleich zur hohen Belastung auf Lohn bringen könnteund damit die Lohnnebenkosten reduzieren würde

ist damit unmöglich.

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