Wirtschaftspolitik ist durch Narrative geprägt
Politiker machen ein wirtschaftspolitisches Argument der Wissenschaft zu einer Wirtschaftspolitik, die sie umsetzen. Damit wird oft eine halb richtige, unvollständiges Theorie mit unbeabsichtigten Folgen umgesetzt. (pdf)
2023-04-29
Wirtschaftspolitik setzt wirtschaftswissenschaftliche Theorie um
Politiker wählen eine wirtschaftswissenschaftliche Theorie und setzen sie um. Wirtschaftswissenschaftliche Theorien entstehen durch Analyse von beobachteten oder angenommenen Mechanismen, die mehr oder weniger gut beobachtete oder vermutete Veränderungen erklären.
Politiker wählen für ihre Wähler attraktive und überzeugende Theorien
aus und machen daraus eingängige Narrativez.B. Reagonomics, Thatcherism oder auch New
Labour
. Dem Narrativ entsprechendnicht unbedingt der zugrundeliegenden Theorie
werden Massnahmen gesetzt und die zum Narrativ passenden
Ergebnisse als Erfolg der Politiker verkauft. Andere Entwicklungen
werden heruntergespielt und durch besondere, nicht
vorhersehbare Einflüsse erklärt.
Theorien
Wirtschaftswissenschaftliche Theorien waren zumindest bis Ende 20.
Jahrhunderts relativ einfach. Das einflussreiche TextbuchSamuelson (1967)
erklärte Wirtschaft mit Modellen mit wenigen Parametern.
Simulationen dynamischer Systeme wurden Mitte der 1950 durch neue
Computer praktisch möglichJay Forrester, MIT
und 1972 mit Limits to GrowthMeadows
et al. (1972)
popularisiert aber damals nur wenigen praktisch
zugänglich.Dynamic simulation hat wohl erst in der Bankenkrise
2007 in der Wirtschaftswissenschaft Anwendung gefunden.
Die dynamische Theorie, wie sie z.B. Reagonomics zugrunde liegen, ist
aus heutiger Sicht extrem vereinfacht und darum als Narrativ geeignet,
war aber wohl komplexer als die von seinem Nachfolger Bushhttps://de.wikipedia.org/wiki/George_H._W._Bush
, der ein statisches Model propagierte: der ausgeglichenen
Haushalt.
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Reagan hat propagiert, dass durch Steuersenkungen die Wirtschaft
angekurbelt würde und dass dadurch die Steuereinnahmen zunehmen würden
und so die Verluste durch die Steuersenkungen ausgeglichen würden – ein
dynamisches Modell.Ich nehme an, dass Niskanen[https://en.wikipedia.org/wiki/William_A._Niskanen], der
Reagan beraten hat und voher bei RAND Corp. mathematische Modell
angewandt hat, mit der Methoden von Forrester vertraut war. Niskannen
scheint in Peculiar Economics of Bureaucracy(Niskanen
1968) Forrester zu zitieren.
Narrative
Aus vereinzelten Beobachtungen werden vereinfachende Regeln gebildet,
die dann umgesetzt werden. Dass die erwarteten Ergebnisse nicht, oder
nicht im erwarteten Masse eintreffen, hindert nicht den Glauben an die
Regel.Die europäische Zentralbank hat von 2008 an versucht
durch niedrige Zinsen die Konjunktur anzukurbeln und hat eine langsame
Zunahme der Inflation erwartet. Diese ist ausgeblieben aber statt zu
prüfen, warum das theoretisch erwartete Ergebnis nicht eingetroffen ist
hat man die Null-Zins-Politik Jahre weitergeführt, bis dann die
Inflation durch andere Ereignisse plötzlich aufgetreten ist.
Inneffiziente Staatsbetriebe: Einnehmende Narrative führen zu ähnlichen Entscheidungen in vielen Ländern
Das Narrativ der ineffizienten Staatsbetriebe scheint
überall glaubhaft und für Politiker attraktiv, auch wenn es einer
objektiven Überprüfung nicht standhält.Dass Staatsbetriebe oft ineffizient agieren
unterscheidet sie nicht von ebenfalls ineffizient agierenden andern
Grossbetrieben; der Einfluss auf die Effizienz dürfte eher mit der
Grösse als mit dem Eigentümer erklärbar sein.
Ein glaubhaftes und politisch überzeugendes Narrativ führt bei
Entscheidungsträgern überall zu ähnlichen Entscheidungen. Findet man
später, dass die Entscheidungen andere als die gewünschten Effekte
hatten und dass sie starke unerwünschte Effekte hattenZ.B. Vergrösserung der Ungleichverteilung von Einkommen
oder Vermögen
so sind diese Entscheidungen durch das verbreitete
Narrativ genügend entschuldigt und die unerwünschten Effekte als
unvorhersehbar abgetan.Eine geheimer Plan, Vereinbarung oder
Anweisung ist nicht erforderlich.
Verminderung von Kosten durch Investition
Betriebswirtschaftliche Beratungen, die in Grossbetrieben in letzter
Zeit zunehmen, da in Grossbetrieben möglichst niemand Verantwortung
übernehmen will und Entscheidungen auf Unterlagen von Beratern
abgestützt werden, können in Zeiten mit niedrigen Kapitalzinsen leicht
zeigen, dass Investitionen ihre Kosten durch verringerte Ausgaben rasch
einspielen; dies gilt insbesondere in Länder mit hohen Lohn- und
Lohnnebenkosten.Hohe Lohnnebenkosten tauchen in Ländern auf, bei denen
die Ausgaben des Staates vor allem durch Steuern auf Lohnen gedeckt
werden; in Österreich decken Steuern auf dem Einkommen, Sozialabgaben
und Steuern auf Waren etwa je ein Drittel der Staatsausgaben; d.h. 2/3
der Staatsausgaben werden auf Einkommen überwälzt.orfstatistik
Diese betriebswirtschaftliche Argumentation, die im allgemeinen einer späteren Überprüfung nicht standhält weil Externalitäten nicht berücksichtigt sind, führt zu unnötigen Investitionen und im allgemeinen zu einer erhöhten Geschwindigkeit der Veränderung. Die sozialen Kosten der Veränderung sind nicht berücksichtigte Externalitäten, die dann durch öffentliche Aufwendungen gedeckt werden.
Informationstechnologie vermindert Kosten
Es wird prinzipiell angenommen, dass Geschäftsabläufe, die computer-gestützt ablaufen weniger Kosten verursachen als traditionelle. Die automatisierten Abläufe erzeugen mehr Daten, die vom Management gewünscht (aber oft nicht verwendet wird). In vielen Fällen, werden Kosten, z.B. der Datenerfassung von internen Kostenstellen zu externen Stellen verschoben und damit von andern getragen.
Auslagerung der Produktion
Einfache Rechnungen in Ländern mit hohen StückkostenLohn und - Nebenkosten
scheint eine Verlagerung der Produktion in Ländern mit
niedrigeren LohnkostenUnd meist geringerem Schutz der Arbeitnehmer,
niedrigeren Lohnnebenkosten etc.
eine Verbilligung der Produktion und damit einen
Kostenvorteil zu realisierender einen höheren Gewinn oder eine Verminderung des
Verkaufspreises und damit eine Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit
bringt.
. Leider lassen solche einfachen Rechnungen viele Faktoren
ausser Betracht:
- Kosten des Transportes von Materialien und Fertigprodukte,
- Kosten der ausländischen staatlichen AdministrationInklusive Schmiergeldzahlungen
, - Längere Liefer- und Reaktionszeiten bei Änderungen der Nachfrage,
- Ausbildung der Arbeitnehmer, etc.
Vollständig ausser acht gelassen wird schliesslich, dass
- im Ausland mit der Ausbildung auch eine Konkurrenz entsteht, die den Absatz der eigenen Marke behindern könnte, und
- ohne lokale Produktion die letzten Feinheiten bei der Entwicklung und Verbesserung eines Produktes verlorengehen.
Es wird oft angenommen, dass ein Neuaufbau von Produktion nach
einigen Jahren ohne lokale Produktion praktisch nicht mehr möglich, weil
zu viel des handwerklichen Wissens verloren gegangen ist.Ich würde argumentieren, dass in solchen Fällen das
lokal vorhandene Wissen von den Firmeninhaber, die die Produktion ins
Ausland verlegt haben, verkauft wurde.
Datenbank-Illusion
Es ist immer wieder, besonders im Hinblick auf räumliche DatenClapp,
Moyer, and Niemann (1988)
aber eigentlich auf alle Daten, die in einer Firma
gesammelt und laufend gehalten werden, beobachtet, dass die gleichen
Änderungen an vielen Stellen mit dupliziertem Aufwand gemacht
werdenKlassische Beispiel ist der Umzug einer Privatperson,
der in vielen Verzeichnissen nachgeführt werden muss.
. Es scheint, dass dieser Aufwand verringert werden kann,
wenn die Verzeichnisse zentral geführt und allen Abteilungen, die die
Daten benötigen, zur Verfügung gestellt werden. Datenbank-Technologie
erreicht das.
Es wird aber nicht berücksichtigt, dass wenn in zwei Datensammlungen
eine Information gleich beschrieben wird, auch die gleiche Semantik
vorliegt; die Datensammlungen werden zu einem bestimmten Zweck angelegt
und wenn der Zweck der zwei Datensammlungen differiert, so wird auch die
detaillierte Bedeutung der Information, differieren.Werden in zwei Datenbanken Informationen unter Adresse
abgelegt, so kann, je nach beabsichtigter Nutzung der Datensammlung die
Post-Zustell-Adresse, die Strassen-Adresse für Besucher oder
Lieferanten, oder gar die offizielle Adresse des Gebäudes sein. In
vielen Fällen stimmen diese überein, aber nicht immer. Werden die
Differenzen bei der Analyse übersehen, so verkehren sich die erwarten
Einsparungen ins Gegenteil.