Eine Brücken-Ruine
Andrew U. Frank

Globalisierung

Haben wir den Höhepunkt oder gar schon das Ende der Globalisierungs-Epoche erreicht? Was soll man unter Globalisierung verstehen? (pdf)

2023-04-08

Globalisierung durch Informationstechnologie

Die Epoche relativer Stabilität der Weltordnung von vielleicht 2000 bis 2025 wird oft als Epoche der Globalisierung bezeichnet; sie könnte aber auch nach der auslösenden Technologie als Epoche des InternetsDas Internet wurde über mehrere Dekaden und als einer Folge von zusammenwirkenden Techniken entwickelt, ab 1995 beginnen kommerzielle Nutzungen und ab der Jahrtausendwende nimmt die Verbreitung durch das Zusammenspiel verschiedener Neuerungen sehr rasch zu.

bezeichnet werden.

Die entscheidende Technologie erlaubt Kommunikation mit allen überall und ohne Zeitverzug und ohne Kosten. Es ist heute möglich, Daten zwischen Rechnern, auch mobilen Smartphones, praktisch überall und immer auszutauschenZwischen der Ankündigung und der Wirklichkeit klafft oft noch eine Lücke: ausserhalb der reichen Teile von Grossstädten wird das Ziel nicht überall erreicht und in manchen Teilen der Welt bestehen wirtschaftliche und politische Einschränkungen.

. Mit der raschen, praktisch kostenlosen Kommunikation sind Dienstleistungen möglich, die vorher in dieser Form und Organisation nicht möglich waren. Internet ist als eine disruptive Technologie beschrieben worden: eingefahrene Methoden, besonders der Arbeitsteilung, werden durch neue, ökonomische Ansätze ersetzt.

Internet Technologie

Das InternetUnpräziser Sammelbegriff für die Gesamtheit der Technologie, die Kommunikation (Daten, Ton, Bild) zwischen beliebigen Informationstechnologie-Geräten ermöglicht

beruht auf einer Sammlung von technischen Lösungen für ein Vielzahl von Diensten, die zusammenwirken.

Grundlegend ist aber die Widerstandsfähigkeit gegen Störungen der Grundtechnologie. Das Internet hat keinen single point of failure und nach Störungen organisiert es sich innerhalb der noch verbundenen Netzknoten wieder selbständig neu.Der Einfluss des amerikanische Militär, möglicherweise auch nur die Unzuverlässigkeit der damals verwendeten Rechner, hat zu diesem erstaunlichen Design geführt [https://de.wikipedia.org/wiki/Arpanet].

Details der Technologie werden zu untersuchen sein, wenn mögliche Schwachstellen und Punkte für Störungen untersucht werden müssen.

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Disruptive Technologies

Die Entwicklung um 2000 wird unter anderem auf disruptive Technologien zurückgeführt, Technologien (im weitesten Sinne) die bestehende, arbeitsteilige Produktionsmethoden durch neue, ökonomischere ersetzen.Eine akademische Kontroverse um den Begriff[Wikihttps://de.wikipedia.org/wiki/Disruptive_Technologie] und ob die Theorie etwa erklärt oder nur beschreibt, warum Geschäftsmodelle scheitern, ist nur bedingt interessant. Ob, und wieweit hier Produktion und Vertrieb unterschieden werden muss, scheint mir ebenfalls nur von akademischem Interesse.

Die Möglichkeiten der Intenet-Kommunikation erlauben eine Neuaufteilen von Arbeitsabläufen zwischen Firmen, die bestehende Geschäftsmodelle von Produktion und Vertrieb obsolet machen.Neue Geschäftsmodelle wie Amazon, das den Vertrieb beliebiger Waren als selbständige Dienstleistung anbietet, konkurrenzieren etablierte, in Sparten organisierte Ketten von Produktion und Verkauf.

Entscheidend ist vielleicht, dass durch grenzenlose und augenblickliche Kommunikation, die Notwendigkeit Geschäftsprozesse nach Branchen zu organisieren, wegfällt und Gleichartigkeit von Prozessen unabhängig vom behandelten Objekt, wichtiger wird. Dazu kommt, dass die Kosten von Programmen, die die Prozesse steuern, einmalig sind und skalierenD.h. die Kosten pro zusätzlich bearbeiteter Geschäftsfall sind konstant und praktisch null und lassen sich auf andere Anwendungen umpolen: Amazon wird vom Buchhändler zum Händler für alles mit dem gleichen Programstock.

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Andere Beispiele von disruptiven Geschäftsmodellen nach dem Motto move fast and break things.Es sind wohl eher die Geschäftsmodelle als die Technologie, die disruptiv sind, wie z.B. Uber oder Airbnb, die ubiquitäre Kommunikation nutzen, um regulierte Dienstleistungen anzubieten, ohne sich um die Regulierungen, Kontrollen und Sicherheitsvorkehrungen zu kümmern.

Das Geschäft ist einträglich genug, um rasch genügend Marktanteil zu erreichen, bis die Aufsichtsbehörden einschreiten und die Einhaltung der Regeln erzwingen.

Fördernde Einflüsse

Verschiedene Entwicklungen haben die Globalisierung gefördert; sie scheinen alle auf der Verbesserung der Kommunikation, des Reisens und des Transportes von Waren zu beruhen.

Mechanismen der Globalisierung

Internet verbilligt die Aufteilung von Arbeitsschritten

Wird ein Leistung auf mehrere unabhängig Leister verteilt entstehen Kosten der Vertragsabschlusses[Kontraktionskosten] und Kosten der Überwachung der Lieferung[Messkosten] zusätzlich zu den Transportkosten. Informationstechnologie verringert die Kosten:

Es wird dadurch möglich, ganze, komplexe aber standardisierte und in hoher Zahl ablaufende, Produktionsprozesse auf viele Leister aufzuteilen und damit Skaleneffekte zu realisieren. Die Kosten der Aufteilung des Arbeitsprozesses und der Organisation der Kontraktion und Überwachung fallen nur einmal an und verteilen sich.

Skaleneffekte

Wirtschaftlichkeit von Produktionsprozessen im weitesten Sinne kann oft durch Aufteilung und Spezialisierung gesteigert werdenSogenannte scale effects

. Arbeitsschritte werden auf verschiedene spezialisierte Dienstleister aufgeteilt, die je grössere Mengen gleichartiger Aufgaben erledigen und diese damit billiger leisten können. Eine solche Aufteilung ist dann wirtschaftlich, wenn die Kosten der Aufteilung kleiner sind als die Einsparungen durch die SkaleneffekteEs werden aber bei der Planung die Einsparungen systematisch über- und die Kosten der Aufteilung unterschätzt, so dass nach der Aufteilung sich diese meist als weniger wirtschaftlich herausstellt, als erwartet; der Effekt verstärkt sich mit der Zeit, weil manche Kosten erst im Laufe der Zeit auftauchen: Ermüdung, Ersatz von motivierten durch billigere unmotivierte Arbeitskräfte, soziale Kosten, die erst im Lauf der Zeit auftauchen…

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Im 20. Jahrhundert wurden Skaleneffekte ausgenützt, indem Firmen gebildet wurden, die komplexe Arbeitsabläufe unter einem Dach organisieren konnten(Coase 2007) und dabei Spezialisierungen gegenüber kleineren Firmen erreichen konnten, wobei die Kosten der Arbeitsteilung oft nicht erfassbar sind und intern absorbiert werden. Bekannt sind Grossbetriebe der Schwerindustrie, Autobau und ähnliche.

Skaleneffekte und natürliche Monopole fördern Konzentration

Ein natürliches Monopol entsteht dann, wenn die Entwicklungskosten für ein Produktionsprozess hoch und die Stückkosten gering sind, so dass der erste Produzent, der die Entwicklungskosten getragen hat, vor Konkurrenz geschützt ist und natürlicherweise ein Monopol geniesst.Jeder mögliche Konkurrent wird sich genau überlegen, ob er die Entwicklungskosten aufbringen will um dann mit dem bereits existierend Produzenten zu konkurrieren; der existierende Produzent wird sich den Konkurrenten vom Leib halten, indem er den Preis bis zu den Stückkosten erniedrigt und es damit dem neuen Konkurrenten unmöglich macht, die Investition in die Entwicklungskosten zurück zu verdienen.[https://de.wikipedia.org/wiki/Nat%C3%BCrliches_Monopol]

Transportkosten unabhängig von der Distanz

Die Kosten des Transportes werden durch die hohen Personalkosten dominiert, d.h. die Koste werden unabhängig von der Distanz. Insbesondere bei Gütern mit hohem Wert lohnt sich der Transport per Luftfracht, weil die Laufzeiten geringer, Verzögerungen vermieden und die Versicherungskosten reduziert.

Globalisierung durch Auslagerung von Produktion

Produktionskosten für Güter können aufgeteilt werden in die Kosten der Entwicklung bis zur Produktionsreife und die Kosten der Massenproduktion.Die Kosten eines produzierten Stückes ergibt sich aus dem Anteil an den Entwicklungskosten und den spezifischen Produktionskosten. Offensichtlich werden die Durchschnittskosten geringer, je mehr Stück von gleicher Art produziert werden. Für Güter, die in grosser Zahl produziert werden, z.B. Automobile, sind dieser Skaleneffekte ausschlaggebend.

Werden von einem Produkt genügende Stückzahlen produziert, lohnt es sich, den Produktionsprozess aus einem Land mit hohen Lohnkosten in ein anderes mit niedrigeren Lohnkosten zu verlagernsofern die Einsparungen bei den Produktionskosten grösser sind als die zusätzlichen Kosten der Kommunikation und des Transportes

. Durch den Aufschwung der Transport-Dienstleistungen für Güter und Personen ist es seit etwa 1980 für viele Güter die Auslagerung der Produktion nach Fernost (Japan, dann China, Korea, Malaysia und schliesslich Vietnam), aber auch Mexiko und andere Zentralamerikanischen Länder lohnend. Betroffen waren unter anderem die Produktion von Gütern, mit hohem Wert pro Gewichtseinheit.Also z.B. Kleidung, Haushaltegräte und Elektronik.

Etwas 1990 kamen Befürchtungen auf, dass die Entwicklung mit der Produktion ebenfalls abwandert und Industrieländer wie Deutschland oder UK die Kompetenz für die industrielle Produktion verlieren würden.

In den letzten Dekaden sind mittels IT zunehmend Monopole (oder Oligopole) entstanden, die durch hohe Entwicklungs- und geringe Stückkosten zusätzliche Konkurrenz ausschliessen. In manchen Fällen sind Konkurrenten durch Fusionen reduziert wordenBeispiele sind die Zusammenschlüsse bei den Automobilfirmen, durch verschiedene Krisen hervorgerufen.

, in andern erlauben dominante Anbieter gerade genug Konkurrenz, damit keine Kartell-Untersuchungen angestrengt werdenMobiltelefone in vielen Länder, Lieferdienste und Verteiler wie Amazon

und schliesslich IT Firmen deren natürliche Monopole als gegeben angesehen werdenMicrosoft, Oracle, Google als Beispiele

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Zusammenfassung

Die Globalisierung der letzten Dekaden hat eine hoch arbeitsteilige Wirtschaftsstruktur geschaffen. Sie ist effizient und produziert zu geringen Kosten Güter für eine zunehmende Weltbevölkerung - ist aber auf funktionierenden Informationsaustausch angewiesen, damit die Koordination der Leister in den komplexen Ketten von arbeitsteiliger Produktion funktionieren. In diesem Sinne ist das durch IT entstandene und auf dem Internet als Kommunikationsmechanismus beruhende Produktionssystem durch soziale Entwicklungen verletzlich.

Die Globalisierung wird getrieben von Lohndifferenzen; diese nehmen, durch den Aufschwung der billig-lohn Länder ab und damit sollte auch der Anreiz zur Auslagerung von Produktion abnehmen; unglücklicherweise wird Produktion oft aus ausgelagert um Regulieren im Arbeitsrecht und im Umweltrecht zu umgehen.

Die Globaliserung hat zu grösserer Kmomplexität der Wirtschaft geführt, die diese für Störungen anfälliger macht. Der Abbau von LagernDer kurzfristig einen Gewinn und Bonuszahlungen für die Manager verspricht.

hat generell Lieferzeiten und Kosten erhöht.

Mir fehlt in der Diskussion meist die Unterscheidung zwischen globalen und lokalen Märkten. Eine grosse Zahl von Arbeitsleistungen müssen lokal, vor Ort, geleistet werdenZ.B. Dienstleistungen, die mit Gesundheit, Körperpflege, Tourismus, Ausbildung etc. verbunden sind.

und können nur bedingt globalisiert werden.

Coase, R. H. 2007. “The Nature of the Firm.” Economica 4 (16): 386–405.
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